Neues Nachweisgesetz für Arbeitgeber

Seit 01. August 2022 gilt das neue Nachweisgesetz (NachwG)

Wir als Steuerkanzlei können und dürfen arbeitsrechtlich nicht beraten, möchten dennoch auf die neue Regelungen hinweisen.

Durch das neue Nachweisgesetz ist der Arbeitgeber bei Arbeitsverhältnissen, die

     1. ab dem 01.08.2022 in Kraft treten, verpflichtet die

     2. nach § 2 NachwG aufgeführten Punkte

     3. schriftlich und unterschrieben seinem Mitarbeiter mitzuteilen und auszuhändigen.

Dies kann durch ein vom Arbeitgeber unterschriebenes Schreiben oder innerhalb des Arbeitsvertrages erfolgen.

Auch bei bestehenden Alt-Arbeitsverträgen, können Veränderungen dazu führen, dass das Nachweisgesetz zur Anwendung kommt.

Bei arbeitsrechtlichen Fragen wenden Sie sich bitte an einen auf Arbeitsrechts spezialisierten Rechtsanwalt.

Den Gesetzestext finden Sie unter: NachwG – Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (gesetze-im-internet.de)

 

 

Checkliste NachwG (Quelle: Graf Seminare – Dr. Simone Evke de Groot)

Die nachfolgende Checkliste greift die einzelnen Katalogtatbestände aus § 2 Abs. 1 NachwG auf. Sie geht von der Aufspaltung in zwei Dokumente – ergo Abschluss des Arbeitsvertrags, begleitend Nachweisdokument („Nachweisschreiben“, „Niederschrift“ o.ä.) aus.

Dieses Nachweisdokument kann, muss aber nicht eine Anlage zum Arbeitsvertrag sein.

  1. Namen und Anschrift der Vertragsparteien

Ergibt sich regelmäßig schon aus dem Arbeitsvertrag. Eher bei Änderungen relevant. Ansonsten nochmalige Wiedergabe in der Niederschrift denkbar, alternativ Verweis auf den Arbeitsvertrag, der diese Angaben ohnehin enthält.

  1. Beginn des Arbeitsverhältnisses

In der Regel unkritisch. Zum Teil wird in der Literatur vorgeschlagen, Arbeitsvertragsmuster noch um einen Satz zu ergänzen wie folgt „Dies ist der Beginn des Arbeitsverhältnisses“. Indes sollte sich das inhaltlich auch aus der allgemeinen und gebräuchlichen Wendung ergeben, dass der Arbeitnehmer „zum  [Datum] eingestellt wird“.

Wichtig: der Beginn des Arbeitsverhältnisses ist nicht gleichzusetzen mit dem Datum des Arbeitsvertragsschlusses.

  1. Enddatum oder vorhersehbares Ende des Arbeitsverhältnisses

Wie 1. Insbesondere relevant bei Befristungen. Sonderfall: Änderungen des Enddatums, insbesondere Entfristungen. Bei Bedingungen im Arbeitsvertrag (Praxisbsp: Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters) geht die Literatur davon aus, dass dann auch die Bedingung beschrieben werden muss (so Gaul/Pitzer/Pionteck, DB 2022, 1833). Das erfolgt regelmäßig im Arbeitsvertrag ohnehin, dann kann das Nachweisschreiben auf die dort gemachten Angaben rekurrieren.

  1. Arbeitsort

Ergibt sich oft aus dem Arbeitsvertrag: aber der Arbeitgeber kann kraft seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) befugt sein, auch den Arbeitsort zu ändern.

Daher besser: im Arbeitsvertrag nur allgemeine Vorgaben machen (bzw. explizit Veränderungen kraft des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts vorbehalten) und in der Niederschrift nähere Angaben machen.

Insbesondere sinnvoll: auf verschiedene Arbeitsorte verweisen, wenn diese angeordnet werden können.

  1. Tätigkeitsbeschreibung

Wie 1. Das Gesetz verlangt keine besondere Detailierungstiefe. Vorsicht bei abweichenden oder gut gemeinten, sehr ausführlichen Beschreibungen. Der Inhalt sollte dem Arbeitsvertrag entsprechen. Ferner: bei faktischer Änderung (Mitarbeiter macht tatsächlich dauerhaft etwas anderes als im Arbeitsvertrag

vorgesehen) ist ein erneuter Nachweis erforderlich.

  1. Probezeit

Wie 1., wird in der Regel ohnehin genannt sein. Ein Sonderfall Nachweisbedürftigkeit tritt ein bei Verlängerungen/ Verkürzungen der Probezeit (diese sind aber Vertragsänderungen und daher im Arbeitsvertrag auch bestenfalls zu regeln, ergo: Nachtrag zum Arbeitsvertrag zu erstellen).

Es ist zu unterscheiden zwischen der formalen Nachweispflichtigkeit der Dauer der Probezeit und der inhaltlichen (materiell‐rechtlichen) Frage, ob die Probezeit mit dieser Dauer wirksam vereinbart werden kann. Letzteres richtet sich insbesondere nach TzBfG und BGB. Eine falsche Angabe kann ggfs. Schadensersatzansprüche nach sich ziehen, könnte sich aber wiederum auch ggfs. nachteilig auf die Beweisverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Falle von Streitigkeiten auswirken und wäre ein Verstoß gegen das NachwG.

  1. Arbeitsentgelt

Wie 1. Bei Tariflohn ggfs. ergänzend Ziff. 15 beachten. Insbesondere Zuschläge sind nach der Neuregelung nun detailliert zu nennen. Dies gilt auch für die Überstundenvergütung (differenziere auch hier den formalen Nachweis und die materielle Rechtslage!).

  1. Arbeitszeit

Wie 6. Die Grundaussagen finden sich im Arbeitsvertrag. Dennoch geht der Kanon des NachwG wohl über diese Angaben hinaus, insbesondere was die Ruhezeiten und die Verteilung der Arbeitszeit angeht.

Diese konkretisierenden Angaben gehören dann eher in den Nachweis als in den Arbeitsvertrag.

Leitlinie: das Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO sollte nicht eingeschränkt werden. Bei Betriebsvereinbarungen/ Tarifverträgen ergänzend Ziff. 15 zu beachten. Ferner zu prüfen: Schichtarbeit?

Dann Details in Nachweisschreiben aufzunehmen.

  1. Arbeit auf Abruf

Falls einschlägig: § 12 TzBfG beachten, Details in Nachweisschreiben aufnehmen.

  1. Überstunden

Die Pflicht Überstunden zu leisten richtet sich rechtlich zunächst nach den getroffenen Abreden im Arbeitsvertrag. Die Anforderungen des NachwG verlangen nähere Angaben dazu, wann die Überstunden angeordnet werden können.

Auch hier gilt: das Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO möglichst nicht einschränken, ergo weite Formulierung wählen („betriebliche Notwendigkeit“). Ergänzend kann auf das ArbzG und auf ein billiges Ermessen des Arbeitgebers ( § 315 BGB) verwiesen werden. Bei der Anordnung von Überstunden sind wiederum neben den formalen Anforderungen aus dem NachwG auch die materiellen Rahmenbedingungen zu beachten, ergo: Übestundenklauseln müssen wirksam sein.

  1. Urlaub

Wie 1. Der Urlaubsanspruch wird im Arbeitsvertrag ohnehin geregelt sein.

Ansonsten und auch ergänzend kann auf das BUrlG verwiesen werden.

  1. Fortbildungen

Ein etwaiger Anspruch auf Fortbildungen müsste sich aus dem Arbeitsvertrag (oder ggfs. einer betrieblichen Übung, Betriebsvereinbarung o.ä.) ergeben.

Ein solcher Anspruch ist nach deutscher Rechtslage die absolute Ausnahme. Wenn es keinen Anspruch gibt dann kann und sollte dies kurz in der Niederschrift festgehalten werden („Anspruch auf Pflichtfortbildungen gibt es nicht“).

  1. Betriebliche Altersversorgung

Es sind drei Fälle zu unterscheiden:

Externe Versorgung ist nachweispflichtig gem. Nr. 13, es sei denn, es handelt sich um eine versicherungsförmige Durchführung. Nr. 13 verlangt aber nur die Nennung von Namen und Anschrift des externen Trägers und keine weiteren Angaben, insbesondere nicht zu gemachten Zusagen oder zur Leistungshöhe.

Entgeltumwandlung ist nach Auffassung des BMAS nicht nachweispflichtig (siehe dazu auch de Groot/Weiger, DB 2022, 2025), vgl. die Stellungnahme des BMAS an die aba:

„im Zusammenhang mit dem aktuellen Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der sog. EUArbeitsbedingungenRichtlinie ist die Frage aufgetaucht, ob betriebliche Altersversorgung in Form der Entgeltumwandlung unter das Schriftformerfordernis des Nachweisgesetzes fällt.

Dazu kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Das Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, seine Beschäftigten schriftlich über die vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen zu informieren, dazu zählt auch „die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts“. Der Arbeitgeber muss demnach über das Arbeitsentgelt informieren, nicht aber darüber, wofür das Arbeitsentgelt von den Beschäftigten im nächsten Schritt verwendet wird. Das Nachweisgesetz ist daher nach Auffassung des BMAS auf Betriebsrenten in der speziellen Form der Entgeltumwandlung nicht anwendbar.“

Ob sich die Gerichte dem anschließen bleibt abzuwarten. Arbeitgeberfinanzierte Versorgung ist nachweispflichtig gem. Nr. 7 („Höhe und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts“). Diese Nachweispflicht tritt zu einer möglichen Nachweispflicht aus Nr. 13 hinzu. Der Detailierungsgrad der Angaben hängt von der erteilten Versorgungszusage (siehe § 1 BetrAVG, differenziere Beitragszusage und Leistungszusage) ab (siehe im Einzelnen de Groot/Weiger, DB 2022, 2025). In der Praxis werden viele Fälle über Nr. 15 abgedeckt werden können, insbesondere dann, wenn es eine Betriebsvereinbarung dazu gibt. Der meiste Handlungsbedarf besteht daher bei Zusagen auf Einzelvertragsbasis, Gesamtzusagen und Zusagen auf Grund von betrieblicher Übung.

  1. Kündigungsverfahren

Zunächst ist ein Hinweis auf die arbeitsvertraglichen Vorgaben und ggfs. ergänzend die gesetzlichen Bestimmungen in die Niederschrift aufzunehmen. Die Vorgaben zu Kündigungsfrist und ggfs. Form (= Schriftform!) können aus dem Arbeitsvertrag wiedergegeben oder die einschlägige Bestimmung aus dem Arbeitsvertrag zitiert werden. Ferner ist das Verfahren bei Kündigungsschutzklagen zu beschreiben. Dies kann zunächst in allgemeiner Form erfolgen, siehe Formulierungsvorschlag etwa bei Preis/Schulze, NJW 2022, 2297.

Die genauen Detailierungsanforderungen sind nach dem Gesetz noch nicht abschließend abschätzbar. Jedenfalls unabdingbar: der Hinweis auf die Dreiwochenfrist aus § 4 KSchG. Noch offen ist die Frage nach den Besonderheiten bei Sonderkündigungsschutz. Die aktuelle Literatur neigt dazu diese für verzichtbar zu halten (Klärung durch die Gerichte abzuwarten, aktuelle Entwicklung beobachten!)

  1. Einschlägige Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen

Entweder: Klarstellung, dass keine Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Oder: Nennung der einschlägigen Grundlagen. Streitpunkt: reicht ein genereller Verweis aus oder bedarf es einer konkreten Nennung der jeweiligen kollektiv‐rechtlichen Grundlagen? Tendenz der Literatur: allgemeine Formulierung (etwa: „Es finden auf das Arbeitsverhältnis die einschlägigen Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen Anwendung“, s. ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022, § 2 NachwG Rn. 23 ff.) wohl ausreichend (siehe auch de Groot/Weiger, DB 2022, 2015). Insoweit wird aber zu Recht auf die unterschiedliche Formulierung von Nr. 15 einerseits und von § 2 Abs. 4 NachwG andererseits hingewiesen. Das spricht dafür, bei Nr. 15 einen allgemeinen Verweis ausreichen zu lassen und wirft die Frage auf, ob für die ersetzende Wirkung aus Abs. 4 eine konkretere Formulierung gewählt werden muss. Die Literatur empfiehlt dies für Abs. 4 jedenfalls vorsichtshalber (siehe auch Gaul/Pitzer/Pionteck, DB 2022, 1833, dort insbesondere auch mit Klauselvorschlägen u.a. zum Tarifaustritt des Arbeitgebers).

 

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