Diabetes in der Einkommensteuererklärung 2023 – Kinder und Erwachsene

Menschen mit einer Behinderung entstehen aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse oft höhere Aufwendungen für ihren Lebensunterhalt und/oder ihre berufliche Tätigkeit. Um diese höheren finanziellen Belastungen abzumildern, gibt es eine Vielzahl von steuerlichen Erleichterungen.

1. Ansatz als außergewöhnliche Belastung – Behindertenpauschbetrag

Mit den Behindertenpauschbeträgen werden die laufenden und typischen Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Bedarf abgegolten. Es handelt sich um Aufwendungen, die Menschen mit Behinderungen erfahrungsgemäß durch ihre Krankheit bzw. Behinderung entstehen und deren alleinige behinderungsbedingte Veranlassung nur schwer nachzuweisen ist.

Voraussetzung ist, dass ein entsprechender Nachweis der Behinderung erbracht werden kann.

Es ist im Rahmen der Einkommensteuererklärung ein Behindertenausweis oder eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Sozialbehörde vorzulegen. Sofern der die Behinderung feststellende Stelle die Steuer-ID-Nr. vorgelegt wird, wird das „Behinderten-Signal“ in Zukunft automatisch an das zuständige Finanzamt übermittelt.

Hinweis:
In Zukunft soll das bisherige Nachweisverfahren (Vorlage des Schwerbehindertenausweises oder anderer Nachweise durch den Steuerpflichtigen) durch ein elektronisches Meldeverfahren ersetzt werden. Hierbei melden die für die Feststellung einer Behinderung zuständigen Stellen (i. d. R. Versorgungsämter) die Feststellungen zur Behinderung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz an das zuständige Finanzamt.

Tipp:
Wurde bisher vergessen den Grad der Behinderung anzugeben? Bescheinigungen, die den GdB sowie die entsprechenden Merkzeichen nachweisen, sind Grundlagenbescheide i. S. d. Abgabenordnung. Aufgrund eines solchen Bescheides ist ggf. eine Änderung früherer Steuerfestsetzungen möglich. WICHTIG: Datum des Behindertenausweises darf nicht später sein, als das Veranlagungsjahr!

Höhe des Behindertenpauschbetrages?

Besonderheit Zusatz „H“

Hilflose Personen (Merkzeichen H) erhalten:

  • einen Behinderten-Pauschbetrag von jährlich 7.400 € und
  • eine Fahrtkostenpauschale von jährlich 4.500 €

Bei Beginn, Änderung oder Wegfall der Behinderung im Laufe eines Kalenderjahres ist stets der Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war. Eine Zwölftelung ist nicht vorzunehmen.

 

2. Über den Behindertenpauschbetrag hinausgehende ansetzbare Aufwendungen

Alle übrigen behinderungs- bzw. krankheitsbedingten Aufwendungen, wie z.B. Operationskosten, Kuren sowie Fahrtkosten, können neben den Pauschbeträgen für Menschen mit Behinderungen — nach Berücksichtigung der zumutbaren Belastung — als allgemeine Krankheitskosten als allgemeine außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG berücksichtigt werden.

ACHTUNG: Immer vorher Rezept / Gutachten!

  • Operationskosten, Kosten für Heilbehandlungen, Medikamenten- und Arztkosten (Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung als Orientierung)
  • Kosten für eine Heilkur (Berücksichtigung von Kurkosten Menschen mit Behinderungen neben dem Behindertenpauschbetrag)
  • Schulgeld für den Privatschulbesuch des Kindes mit einer Behinderung
  • Kosten für die behindertengerechte Ausgestaltung des eigenen Wohnhauses

Beispiel: Zuzahlungen Rezepte, Warnsysteme für Blutzucker?

Zu beachten ist, dass mit der Fahrtkostenpauschale (siehe oben) nur behinderungsbedingt entstandene Fahrtkosten abgegolten sind, d. h. die durch die Behinderung veranlassten Aufwendungen für unvermeidbare Fahrten. Sonstige Fahrten z. B. zum Arzt, zur Kur, Apotheke oder Physiotherapie, die nicht im Zusammenhang mit der Behinderung stehen, können zusätzlich als Krankheitskosten in Form von außergewöhnlichen Belastungen steuerlich geltend gemacht werden. Absetzbar sind dann die angemessenen tatsächlich entstandenen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel oder bei Nutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw 30 Cent je gefahrenem Kilometer.

 

Was ist die zumutbare Belastung?

Es gilt: Umso geringer das Einkommen und umso mehr Kinder man hat, umso geringer ist der Prozentsatz der als im Verhältnis zum Gesamtbetrag der Einkünfte als zumutbar gilt.

Beispiel:
3 Kinder und Einkommen                 bis      51.130 €    =     1 %
Keine Kinder und Einkommen         über   51.340 €   =     7 %

 

3. Übertragung des Behindertenpauschbetrages des Kindes

Steht der Behindertenpauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf Kinderfreibeträge oder Kindergeld hat, so wird der Behindertenpauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht selbst in Anspruch nimmt.

Dabei ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen. Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.

Hinweis: Es ist nicht möglich, dass bei geschiedenen, dauernd getrennt lebenden oder unverheirateten Eltern ein Elternteil den gesamten Pauschbetrag in Anspruch nimmt und der andere Elternteil die tatsächlichen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG in der Einkommensteuererklärung beantragt.

Unabhängig von der Übertragung des Behindertenpauschbetrages können Eltern ihre eigenen zwangsläufigen Aufwendungen für ein Kind mit einer Behinderung aber nach § 33 EStG abziehen.

Beispiel:
Die kindergeldberechtigten Eltern des Kindes mit Behinderung tragen für das Kind laufende und typische Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege.

Es gibt zwei Möglichkeiten:

  1. Die Eltern weisen diese Kosten im Einzelnen nach und beantragen die Berücksichtigung als allgemeine außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG unter Anwendung der zumutbaren Belastung und das Kind macht den Behindertenpauschbetrag in seiner eignen Steuererklärung nach § 33b EStG steuerlich geltend. Oder
  2. Die Eltern machen den Behindertenpauschbetrag des Kindes bei sich geltend. Weitere im Zusammenhang mit der Behinderung zusammenhängende Kosten können dann nicht zusätzlich steuerlich geltend gemacht werden.

ACHTUNG!
Überträgt das Kind den Behindertenpauschbetrag auf die Eltern/einen Elternteil, schließt das die Berücksichtigung behinderungsbedingter Aufwendungen beim Kind nach § 33 Abs. 1 EStG aus.

Die Übertragung des Behindertenpauschbetrages von dem Kind auf die Eltern ist immer dann sinnvoll, wenn das Kind keine oder nur geringe eigene steuerpflichtige Einkünfte erzielt und die steuerliche Wirkung des Pauschbetrages bei den Eltern daher größer ist.

 

4. Unterjährige Steuerentlastung

Grundsätzlich wird der Behindertenpauschbetrag im Rahmen der Einkommensteuererklärung gewährt. Bei Beziehern von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit i. S. d. § 19 EStG kann jedoch ein Freibetrag bei den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen angesetzt werden. Den Freibetrag kann sich entweder die Person mit der Behinderung selbst oder aber es können sich die Eltern des behinderten Kindes eintragen lassen. Die Eltern können im Antrag auf Lohnsteuerermäßigung angeben, in welchem Verhältnis der Behindertenpauschbetrag auf sie verteilt werden soll, wenn eine Abweichung von der hälftigen Aufteilung gewünscht wird.
Die Eintragung des Behindertenpauschbetrages führt nicht zur Verpflichtung, eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

Das gilt sowohl für den Steuerpflichtigen mit der Behinderung als auch für Eltern, die sich den Behindertenpauschbetrag des Kindes haben eintragen lassen. Nur wenn die Eltern eine andere Aufteilung als die Hälftige für den Behindertenpauschbetrag des Kindes begehren und die Voraussetzungen für das Ehegattenwahlrecht nicht vorliegen, muss eine Einkommensteuererklärung abgegeben werden. Das sind insbesondere die Fälle getrenntlebender Eltern, bei denen auch die Kinderfreibeträge nicht hälftig verteilt sind.

 

5. Pflegepauschbetrag

Für Aufwendungen, die durch die Pflege einer Person entstehen, wird der Pflegepauschbetrag in Abhängigkeit vom Pflegegrad wie folgt gewährt:

Pflegegrad 2           Pflegepauschbetrag =     600 €
Pflegegrad 3           Pflegepauschbetrag =     1.100 €
Pflegegrad 4 / 5     Pflegepauschbetrag =     1.800 €

Der Pflege-Pauschbetrag ist ein Jahresbetrag:
Bei Beendigung der persönlichen Pflege, z. B. durch Tod der pflegebedürftigen Person, wird trotzdem der volle Pflege-Pauschbetrag gewährt (R 33b Abs. 8 EStR).

Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige keine Einnahmen für die Pflege erhält und die Pflege persönlich in seinem oder im Haushalt der pflegebedürftigen Person durchführt.
Weitere Voraussetzung für die Gewährung des Pflegepauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung der Pflegeperson.

Wird die pflegebedürftige Person von mehreren Personen gepflegt, ist der Pauschbetrag auf die Zahl der begünstigten Pflegepersonen, bei denen die o. g. Voraussetzungen vorliegen, aufzuteilen.

Mit dem Pflegepauschbetrag sollen die Aufwendungen der pflegenden Person abgedeckt werden. Das sind z. B. Kosten für Fahrten, Telefonate, Kleidung für die Pflege, Reinigung usw.
Wer höhere Aufwendungen für die Pflege hat, kann auf den Pflegepauschbetrag verzichten und die Kosten im Einzelnen nachweisen. Allerdings wird dann wieder die zumutbare Belastung abgezogen.

Der Nachweis über die Einstufung in einen Pflegegrad hat der Steuerpflichtige durch Vorlage eines entsprechenden Bescheids zu erbringen.

Unschädlich ist, wenn sich die Pflegeperson zeitweise von einer ambulanten Pflegekraft helfen lässt. Es können auch tatsächlich höhere Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art geltend gemacht werden. Auch hier ist zu beachten, dass auf die nachgewiesenen Aufwendungen die zumutbare Belastung angerechnet wird.

Wichtig:
Nur die Aufwendungen für Pflege und Betreuung gehören zu den außergewöhnlichen Belastungen. Wird z. B. bei einer Pflege zu Hause eine Pflegekraft auch für das Kochen, Waschen, Putzen usw. bezahlt, ist dieser Teil der Kosten nur im Rahmen der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Hilfen nach § 35a EStG abzugsfähig. (20% der Kosten; Max. 4.000 €)

 

Beispiel – Kind Behinderung 50 mit Zusatz „H“ – Pflegestufe 2

 

Beispiel – Kind Behinderung 50 „ohne H“ – Kein Pflegegrad

 

Beispiel – Kind Behinderung 50 „ohne H“ – Pflegegrad 2

 

6. Wo in der Einkommensteuererklärung 2023 eintragen?

Steuerformular „Außergewöhnliche Belastungen“

  • Zeilen 4 – 9: Angaben zum Behinderten-Pauschbetrag
  • Zeilen 11 – 16: Angaben zum Pflegepauschbetrag
  • Zeilen 17 und 18: Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale
  • Zeilen 19 – 33: Andere Aufwendungen wie z.B. Krankheitskosten
  • Zeilen 34 – 36: Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen, die im Rahmen der Pflege oder Heimunterbringung entstehen, aber in den Bereich Haushalt fallen
    Achtung: Diese Kosten sind dann nicht mehr auf der Anlage „Haushaltsnahe Aufwendungen“ aufzuführen.

Steuerformular „Kind“

  • Zeilen 58 – 60: Angaben zur Übertragung der Behinderten-Pauschbetrag
  • Zeilen 63 – 64: Angaben zur Übertragung der behinderungsbedingten Fahrtkosten

 

Den kompletten Blogbeitrag als pdf-Datei zum herunterladen, finden Sie hier: Diabetes in der Einkommensteuerklärung 2023

Quelle:
DWS Merkblatt „ Menschen mit Behinderungen – Steuerliche Besonderheiten und Begünstigungen“ Merkblatt Nr. 1942.3 / 02/2024